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22. März 2019

Berufliche Bildung chronisch unterversorgt – 500 Lehrerstellen werden sofort gebraucht

Hannover. Der Lehrermangel gerade an berufsbildenden Schulen ist eklatant. Die Unterrichtsversorgung liegt im Landesdurchschnitt bei oder unter 90 Prozent – und das seit Jahrzehnten. Um den von der Politik selbst definierten Unterrichtsanspruch der Schülerinnen und Schüler der beruflichen Bildung in Niedersachsen zu gewährleisten, müsste das Land von jetzt auf gleich über 1000 Berufsschullehrkräfte einstellen. Die gibt es bundesweit nicht auf dem Arbeitsmarkt.

Nachdem das Kultusministerium auch in der neuen Regierungskonstellation einen Stellenaufwuchs für die berufsbildenden Schulen nicht erreichen, sondern lediglich nur Stellenstreichungen verhindern konnte und darüber hinaus aktuell auch noch die Zuweisung von frei verfügbaren Budgetmitteln reduziert hat, sind die beiden Lehrerverbände für die berufliche Bildung in Niedersachsen, BLVN und VLWN, mehr als alarmiert. Sie fordern von der Politik zusätzliche 50 Millionen Euro pro Jahr, um das chronisch unterversorgte System am Laufen zu halten und die Unterrichtsqualität zumindest auf dem derzeitigen Niveau zu sichern. Mit diesem Geld ließen sich dauerhaft 500 Lehrerstellen finanzieren.

„Um die Unterrichtsversorgung an den 134 niedersächsischen berufsbildenden Schulen auf die von der Politik definierte Sollstunden-Zahl von 262.900 Unterrichtsstunden zu heben, müsste das Land ca. 12.500 Lehrerstellen finanzieren. Im aktuellen Personal-Management-System des Landes sind aber nur 10.885 vorhanden. Damit fehlen – und das seit vielen Jahren – über 10 Prozent der Stellen bei der Unterrichtsversorgung. Einem oft in den Pressemitteilungen des Kultusministeriums verkündeten Stellenaufwuchs im Bereich der allgemeinbildenden Schulen steht ein Stellenabbau im Bereich der beruflichen Bildung von knapp 400 Stellen seit 2012 gegenüber. “Die von uns geforderten 500 Lehrerstellen bilden die Grundlage, um die berufliche Bildung nicht vollends abzuhängen“, sagt Joachim Maiß, Vorsitzender des Bundesverbandes der Lehrkräfte für Berufsbildung (BvLB) sowie auch Vorsitzender des Landesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen in Niedersachsen (VLWN).
Das Delta wurde in der Vergangenheit durch frei verfügbare Budgetmittel und mit viel Kreativität mehr schlecht als recht geschlossen. Im Vergleich zum Vorjahr hat das Kultusministerium diese Mittel für 2019 allerdings gerade erst um 60 Prozent reduziert und so das Problem weiter verschärft. „Damit fährt
die Politik sehenden Auges das Erfolgssystem duale Berufsausbildung ins Abseits“, sagt Maiß und betont: „Um die hohe Qualität der beruflichen Bildung zu sichern und damit den Ansprüchen der Betriebe, der Kammern sowie unserer Schülerinnen und Schüler nachzukommen, ist die Investition in Bildung alternativlos.“
Ein „Weiter so“ wie in der Vergangenheit ist schlicht nicht mehr möglich. „Das System BBS ist mittlerweile derart ausgehöhlt, dass wir bei den Veränderungen durch die Digitalisierung oder bei der Umsetzung der Inklusion, die bei allgemeinbildenden Schulen mit zusätzlich über 100.000 Lehrerstunden unterstützt wird und die von den berufsbildenden Schulen zum Nulltarif geleistet werden soll, auf der Strecke zu bleiben drohen“, sagt Ralph Böse, Vorsitzender des Berufsschullehrerverbandes Niedersachsen (BLVN).

Die strukturellen Probleme, mit denen die berufsbildenden Schulen zu kämpfen haben, sind vielschichtig. So hat die Politik es seit Jahren versäumt, den Berufsschullehrerberuf aufzuwerten und attraktiver zu machen. Zeitgleich wurden die Ausbildungskapazitäten an den Universitäten heruntergefahren. „Gerade einmal 2.000 Nachwuchskräfte werden bundesweit pro Jahr noch ausgebildet. In den nächsten zwölf Jahren werden allein 60.000 Berufsschullehrer in den Ruhestand gehen. Die Situation ist dramatisch“, sagt Maiß.

Die nächste Baustelle ist die Digitalisierung, die eine technische wie finanzielle Herausforderung darstellt. „Die Mittel aus dem Digitalpakt sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber dringend nötig. Der Fokus im Digitalpakt liegt in der Hardware.” sagt Böse. Die weit größere Herausforderung stellt jedoch die Fortbildung der Lehrkräfte dar, um sie für das digitale Zeitalter fit zu machen.
„Die aktuellen Datenleaks, über die in den Medien immer wieder berichtet wird, sind zum Großteil auf das Medienverhalten der Nutzer zurückzuführen. Sie machen u. a. die Notwendigkeit der Medienbildung in Schulen deutlich. Hier brauchen wir einen zentralen E-Didaktik-Think-Tank als Aus-, Fort- und Weiterbildungszentrum, in dem Lehr-Lern-Konzepte ebenso wie unterschiedliche Techniken erprobt werden. Um die Pädagogen entsprechend für das digitale Klassenzimmer vorzubereiten, brauchen wir einen definierten Anspruch auf Fortbildungszeiten und eine Entlastung bei den Wochenunterrichtsstunden von 5 Prozent, um so die zeitlichen Freiräume für die Digitalqualifikation zu haben“, fordert Maiß.

V. i. S. d. P.
Ralph Böse, Landesvorsitzender des BLVN, Ellernstraße 38, 30175 Hannover. E-Mail: info@blv-nds.de
Joachim Maiß, Landesvorsitzender des VLWN, Ellernstraße 38, 30175 Hannover. E-Mail: buero@vlwn.de

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