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1. November 2021

Beitrag zur Fachkräftesicherung durch die berufsbildenden Schulen

Diskussionsbeitrag des BvLB zur aktuellen Entwicklung

Die Untersuchungen von Christensen1 zeigten bereits im Jahr 2013, dass die Sicherung des Fachkräftebedarfs auf der mittleren Qualifikationsebene die besondere Herausforderung der nächsten Jahre sein wird. Die Qualifikation dieser Fachkräfte wird durch berufliche Bildung er- folgen müssen. Sowohl an der Analyse als an der Perspektive, dass ohne berufliche Bildung der Fachkräftebedarf nicht gelöst werden kann, hat sich auch acht Jahre später nichts verändert.

Ein wesentlicher Teil des Bildungsauftrags der berufsbildenden Schule ist Bildungschancen zu ermöglichen und Anschlüsse zu sichern. Viele Schulformen des berufsbildenden Systems ste- hen für Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit und sorgen seit vielen Jahren für den Erfolg der beruflichen Bildung. Die hohe Anerkennung und weltweite Reputation der dualen Ausbildung wäre ohne die systematisch entwickelten Schulformen der berufsbildenden Schulen nicht denkbar.

Daraus leitet sich ein starkes Argument für den Erhalt des Bildungsangebotes ab:

Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit in der Berufsbildung muss in der Fläche und für alle Jugendliche erhalten bleiben und als zentrales Bildungsziel langfristig gesichert werden.
Ziel ist die Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Regionen.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Verantwortlichen eine aktive Strukturpolitik verfolgen. Diese betrifft neben Breitbandausbau, der Ansiedelung von Behörden und Institutionen in der Fläche ganz wesentlich den Erhalt und Ausbau berufsbildender Bildungseinrichtungen.
Durch diese Maßnahmen werden sichere Arbeitsplätze geschaffen, die Infrastruktur des länd- lichen Raumes gestärkt und Impulse an Wirtschaftsunternehmen gesendet.

1 Christensen, Björn: Arbeitskräfteprojektion 2030 in den Kreisen in Schleswig-Holstein. Kiel, 2013. analytix GmbH – Institut für quantitative Marktforschung & statistische Datenanalyse. Gutachten im Auftrag der Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“.

Die Forderungen sind:

• Daher müssen die bestehenden Berufsschulstandorte und Angebote auch dann aufrecht- erhalten werden, wenn die Anzahl der Ausbildungsplätze rückläufig ist. Dazu ist ein geeig- netes Instrument der Planstellenzuweisung zu entwickeln. Fachkräfte in der Region veran- lassen Unternehmen zu Investitionen in der Fläche. Die Standortentwicklung der berufsbil- denden Schulen sichert das Potenzial der jeweiligen Region.

• Grundlage gleichwertiger Lebensverhältnisse ist, in allen Regionen für ein ausreichendes Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen zu sorgen. Und da reicht es nicht allein auf die Wirtschaft zu zeigen. Der Bund und jedes Bundesland kann mit gezielten strukturwirksamen Maßnahmen gezielt Wachstumsimpulse fördern. Dazu gehörten vielfältige und leistungs- starke Ausbildungsmöglichkeiten, aber auch Angebote zur Berufsvorbereitung und der Er- halt der Vielfalt berufsbildender Angebote.

• Wir benötigen sichere Erkenntnisse, wie sich gleichwertige Lebensverhältnisse durch Maß- nahmen der Berufsbildung entwickelt werden können. Dazu sind Forschungsprojekte zu ini- tiieren und deren Empfehlungen umzusetzen.

• Eine Untersuchung aus Schleswig-Holstein führt aus:
„Auf die sinkenden Auszubildendenzahlen wird mit einer Beibehaltung der Stellenzuweisun- gen an berufsbildende Schulen reagiert und damit eine Zukunftsinvestition in die Berufliche Bildung des Landes Schleswig-Holstein getätigt. Die „demografische Rendite“ verbleibt in den strukturschwachen Regionen und ermöglicht es den Schulen, in eigener Verantwortung Profile zu entwickeln. Dadurch kann Ausbildung in den Regionen erhalten bleiben und bspw. der Übergang in die Berufsausbildung durch besondere Ausbildungsangebote unterstützt werden. Im Sinne eines nachhaltigen Handelns werden langfristig und strukturell die Regi- onen gestützt. Da davon ausgegangen werden kann, dass trotz der Entwicklungen bezüglich der Altersstruktur in ländlichen Gegenden die Wirtschaftskraft in den Regionen gehalten werden kann, dient diese Strategie langfristig dem Erhalt von Arbeitskräften vor Ort und da- mit auch der Steigerung der Attraktivität ländlicher Gebiete z. B. für jüngere Familien. Ins- gesamt wird eine Region durch eine Investition in die berufliche Bildung ökonomisch und soziostrukturell gestärkt. Kaum eine andere (indirekte) Investition in die Wirtschaft des Lan- des wird ähnlich nachhaltige Effekte erzielen.“ (Böhss u.a.2014)2

2 Marco Böhss, Axel Grimm, Volkmar Herkner, Matthias Rüth: Weiterentwicklung der Berufsschule im Kontext der Regionalen Berufsbildungszentren (RBZ) und der Berufsbildenden Schulen des Landes Schleswig-Holstein. Ein Forschungsprojekt im Auftrag des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft des Landes Schleswig-Holstein. Abschlussbericht Flensburg, März 2014

• Unternehmertum kann man nicht staatlich verordnen. Aber man kann Rahmenbedingungen schaffen, um es zu fördern. Gut ausgebildete Fachkräfte führen beispielsweise zur Ansiede- lung von Gründern in der Branche, die nicht ortsgebunden ist.

• Die Kultusbehörden müssen dabei aktiv auf eine Weiterentwicklung der beruflichen Bildung hinwirken. Neben der Sicherung der Angebote geht es darum, die didaktischen Entwicklun- gen auf die berufliche und persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler sowie der Bildungspartner auszurichten. Dazu gehört eine zunehmende Heterogenität in den Klassen, die eine individuelle Förderung und Beratung mit sich bringt.

• Natürlich ist das Megathema „Digitalisierter Unterricht“ zu stützen und auch in den entspre- chenden Ordnungsmitteln zu verankern und mit entsprechenden Ressourcen zu begleiten.

• Es müssen in den Bereichen Integration und Inklusion neue Bildungsangebote geschaffen werden, um auch hier die Fachkräftegewinnung zu stärken.

• Um Berufsschulen und Berufsschulzentren in ländlichen Regionen zu erhalten, soll die Po- litik für die Einrichtung von Kompetenzzentren, bzw. für deren Weiterentwicklung eintreten. (Vgl. dazu die Leitlinien, die in der folgenden Website formuliert sind: https://www.berufs- schulzukunft.sachsen.de/)

• Verlässliche Strukturen sind verbindlich für bestimmte Zeiträume zu schaffen. Zum Beispiel wird an einem Standort eine Fachklasse für Maler*innen eingerichtet. Dieser Standort er- hält für einen längeren Zeitraum eine Standortgarantie, egal, wie sich die Anzahl der Aus- bildungsplätze entwickelt. Dies sichert Investitionen, gut ausgestattete Fachpraxisräume, fachliche versierte Lehrkräfte und signalisiert den Ausbildungsbetrieben und der Innung ein verlässlicher Partner zu sein, auch wenn konjunkturelle oder anderen Gründe zu rückläufi- gen Ausbildungsplatzverhältnissen geführt haben. Nach der Zeit des Bestandschutzes sind die Schulangebote erneut abzustimmen.

Berlin im November 2021

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